Sonntagmorgen, 10.22 Uhr – unter dem grau bedeckten Himmel Göttingens warten über 3000 Fahrer*innen bei frischen aber nicht zu kalten 10°C auf den Startschuss der Tour d’Energie 2019 –
zugleich der Auftakt der wichtigsten Jedermann-Rennserie Europas, dem German Cycling Cup. Während die Uhr unaufhörlich die Sekunden bis zum Start runterzählt, wächst die Spannung - wird fast
greifbar in der Luft. Jeder Fahrer, jedes Team steht mit den eigenen, neuen Zielen der noch jungen Saison am Start. Für das radrooTEAM der erste Formtest. Ist der Doppelerfolg aus dem Vorjahr
wiederholbar? Wo stehen wir als Team im Vergleich mit der Konkurrenz?
Mittendrin, ich – auch ein Formtest – der erste richtige seit einer langen Weile ohne Wettkämpfe. Nervosität? Anspannung? Auf jeden Fall!
10.23 Uhr, der Start rückt näher – Jacke aus, Gel rein, Handshake mit dem Team und dann durchatmen, während hunderte Radrennfahrer mit unverkennbarem Klicken ihre Schuhe in die Pedale drücken. Im
Hintergrund ertönt traditionell Hells Bells von AC/DC. Nun sind es nur noch wenige Sekunden bis zum Start. Mit dem Startschuss schallt die zweite Welle klickender Pedale durch Block A. Das Rennen
hat begonnen.
Gleich 10 der 26 Fahrer*innen des radroo TEAMs starten aus dem vordersten Block in das Rennen. In der neutralisierten Phase gilt es, sich ohne viel Kraftaufwand für den fliegenden Start in
Position zu bringen. Die Körner werden später noch gebraucht. Kurz und knackig beschreibt die Topografie der etwa 45km langen Kurzstrecke der Tour d’Energie ziemlich passend. Verläuft die
Streckenführung bis Mengershausen noch ziemlich flach, so beginnt hier mit dem ersten langgezogenen Anstieg des Tages die Vorselektion, ehe sich am Hohen Hagen zeigt, wer es in die Spitzengruppe
schafft und wer nicht.
So auch heute. Bis Mengershausen können sich alle Fahrer*innen des Teams im Peloton halten. Im Anstieg fordert der Berg seinen Tribut, die Ersten müssen die Spitze ziehen lassen. Am Ende der
Steigung setzt sich eine Hand voll Fahrer ab und versucht dem Hauptfeld zu entkommen. Ich selbst behaupte mich angestrengt im vorderen Drittel des Pelotons und suche die Hinterräder meiner
Teamkollegen. Die Vorbereitung für die Entscheidung am Hohen Hagen ist im vollen Gange. In der Abfahrt nach Dransfeld erwische ich das Hinterrad von Dirk. Eine gute Entscheidung - mit viel Gefühl
und Übersicht nimmt er den Schwung in die letzte Gegenwelle mit und bringt uns so kraftsparend an die Spitze des Feldes. Bis zum Beginn der Bergwertung bleibt das Tempo jedoch noch verhalten -
die berühmte Ruhe vor dem Sturm. Und dieser setzt brachial ein, ist die größte Steigung doch bereits zu Beginn des Anstieges zu überwinden. Die ersten Fahrer gehen aus dem Sattel und drücken
diesen ersten Buckel hoch. Ich folge und nur kurz schweift mein Blick auf die momentan verrichtete Leistung. Dabei lässt mich die 6 an erster Stelle einer dreistelligen Zahl innerlich lachen und
überlegen, ob diese Krafteinteilung sinnvoll ist. Egal, dranbleiben um jeden Preis!
Das forcierte Tempo reißt das Peloton in Fetzen. Auch meine Beine fordern ein baldiges Ende der Quälerei, doch das ist noch lange nicht in Sicht. Hier heißt es beißen. Der Jubel der Zuschauer am
Straßenrand und der Wille nicht abreißen zu lassen treiben den geschundenen Körper weiter voran. - bis an die persönlichen physischen Grenzen und auch ein Stück darüber hinaus.
Am Ende des Anstiegs finde ich mich knapp hinter meinen Teamkollegen Alexander Ubland und Dominik Hofeditz wieder, noch in Schlagweite zur Spitze. Schnell ist mit weiteren Leidgenossen die
Verfolgung organisiert und wir können zur nächsten Gruppe aufschließen. In dieser treffen wir auf unsere Teamkollegen Lukas Horchler und Teamchef Dirk Müller.
Diesem neu vereinten Hauptfeld von etwa 40 Fahrern eilt eine vierköpfige-Fluchtgruppe mit einem Abstand von etwa einer Minute voraus. Auf den weiten Fluren des Göttinger Umlandes immer wieder in
Sichtweite des Pelotons.
Doch Vorne ist man sich einig – hinten weniger. Es bleibt an uns und einigen wenigen weiteren Fahrern die Tempoarbeit zu machen. Mit weit über 40 km/h im Schnitt werden die Ausreißer gejagt. Am
Ende reicht es allerdings nicht aus, um sie noch vor dem Ziel zu stellen und so machen sie die Plätze 1-4 untereinander aus. Den Zielsprint des Hauptfeldes fährt Dirk gekonnt an und bringt so
Lukas, Alexander und Dominik in Position. Doch jeder Sprint ist anders, wenige Sekunden zu früh im Wind können allesentscheidend sein und so belegen Alexander, Lukas und Dominik am Ende ‚nur‘ die
Plätze 9, 14 und 16 – ich selbst folge, in der Sprintvorbereitung etwas abgehängt auf Platz 18.
Ist das ‚nur‘ gerechtfertigt? Mitnichten! Vier Fahrer in den Top 20 und drei weitere in den Top 50 bei knapp 1500 Startern. Damit Platz 2 in der Teamwertung, nur knapp geschlagen vom Team der
DKS. Außerdem sind zahlreiche Platzierungen in den Altersklassen zu feiern. Sonja Herzog (Damen), Ulrike Blumenstein (Master 2), Alexander Ubland (Master 2) und Matthias Keilhold (Master 3)
sicherten sich jeweils den 2ten Platz in ihrer Klasse. In der Gesamtheit betrachtet: Team-Formcheck bestanden!
Und mein persönlicher Formcheck? Es gibt wenig zu jammern: Am hohen Hagen schneller als je zuvor, die Spitze nicht verpasst und unter den besten 20 Fahrern – also alles bestens!
Und übrigens, man muss ja auch nicht immer alles in Zahlen messen. Ich für meinen Teil habe zum Beispiel wieder eine Menge Team-Spirit vor, während und nach dem Rennen erleben dürfen. Das ist
echt viel Wert, macht Lust auf mehr und wird uns auch in kommenden Rennen nach vorne bringen. Das nächste steht bereits kurz bevor. Am Tag der Arbeit muss auch das radrooTEAM beim Radklassiker in
Frankfurt Eschborn im Sattel schuften. Also, Attacke und Kette rechts 😉
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