Alles begann oder besser endete Mitte März. Beinahe täglich fiel ein Highlight-Wettkampf, ein Radrennen oder auch ein Volkslauf um die Ecke der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Auflagen zum Opfer. Keine Wettkämpfe. Kein Messen mit anderen. Kein reisen. Kein Team.
Wie sollte ich in dieser Phase nur motiviert bleiben? Wie sollte ich weiter die Muse aufbringen, mich täglich mit sportlichem Anspruch zu bewegen? Wie sollte das Jahr überhaupt weiter gehen und wo soll das alles hinführen?
Relativ schnell gelang es mir, die Dinge so zu akzeptieren wie sie sind und meine Denkweise zu ändern. Sollte ich mich schon nicht mit anderen Sportlern in einem Wettkampf messen können, so wollte ich die Zeit wenigstens nutzen, um jeden Tag ein besserer Triathlet, also ein besserer Schwimmer, Radfahrer und Läufer zu werden. Wir alle hatten vermutlich in den letzten Wochen mehr Zeit als normalerweise und ich entschied mich daher, den Schwerpunkt des Trainings nochmals gänzlich auf Umfänge zu legen. Jeder Athlet profitiert im Laufe seiner Karriere von den sogenannten „Lebenskilometern“, also Strecken die er schwimmend, radelnd und laufend akkumuliert in seinem Leben im Wasser und an Land zurückgelegt hat. In der Trainingswissenschaft spricht man hier auch von der „Gedächtnisfähigkeit der Muskelzellen“ – sprich: Einmal Sportler, immer (ein bisschen) Sportler.
Am 1. Mai, traditionell eines unserer ersten Saison-Highlights mit dem Radroo-Team, startete ich also meinen Mai-Streak mit 120 Kilometern im Grundlagenbereich bei windig-regnerischem Wetter und war zugegebenermaßen sogar ein Stück erleichtert, nicht im Renntempo durch die engen, verwinkelten und glatten Straßen der Frankfurter City fahren zu müssen. So kam ich nachmittags zu Hause an und schaute mir die tolle Berichterstattung des HR3 im Fernsehen an, was meine Motivation für 2021 umso größer werden ließ. Bereits am 3. Mai ging es mit meinem treuen Begleiter Philipp, ohne dessen Support mir das Training sicher öfters schwerer gefallen wäre, auf eine 185 KM Tour mit 2200 hm rund um Stuttgart durch viele schöne Winkels meiner Heimat. Der FTP-Test, der meinen Leistungsstand zu Beginn des Expertiments dokumentieren sollte, fand nach einem Tag mit lockerem Ausfahren statt und ergab eine Schwellenleistung von 277 Watt bei einem Körpergewicht von 72 KG, was einer FTP von 3,84 Watt pro KG entsprach. Im Vergleich zum ersten FTP-Test des Jahres bedeutete dies eine Steigerung um rund 10 Watt.
Nachdem in der zweiten Trainingswoche weiter Kilometer „geschrubbt“ wurden, folge in der dritten Woche des Streaks eine Intensitäts-Woche mit vier kraftraubenden Intervall-Einheiten. Highlight hier war sicher das von mir selbst „entwickelte“ Bundesliga-Rollen-Bingo. Um den Neustart der Bundesliga und mein Training etwas spielrisch verschmelzen zu lassen, setzte ich mich Samstag Punkt 15:30 Uhr auf die Rolle und folgte folgendem Protokoll:
Tor: 2 min. EB-Intervall | Abseits: 15 Sekunden Sprint | Gelbe Karte: 2 min. GA2-Intervall | Rote Karte: 4 min. EB-Intervall | Gelb-Rote-Karte: 4 min. GA-Intervall
Wurde ich in der ersten Hälfte noch einigermaßen verschont, folgte in der zweiten Hälfte der Konferenzschaltung ein echtes Torfeuerwerk und ich hatte über knapp zwei Stunden echt zu kämpfen. Am Ende stand jedoch eine lustige und abwechslungsreiche Rolleneinheit, die mich echt forderte.
Weitere Highlights im Mai waren dann der „Ritt auf die Burg Hohenzollern“ und eine weitere Bergetappe mit 190 KM und 3200 hm, die mich und Philipp zweimal über den Hochschwarzwald und fast bis nach Frankreich führten. Dem folgte des Weiteren meine erste Ausfahrt auf dem TT-Bike und weitere intensive Intervalleinheiten auf der Rolle was am Ende des Monats zu einem Gesamtkilometerstand von 2214 Kilometern führte und mich hoffentlich mittel- und langfristig zu einem werden ließ. Wie das Umfang-Training kurzfristig anschlägt und sich auf meine Leistungsfähigkeit auswirkte, wird ein weiterer FTP-Test nach zwei Tagen der Erholung und Ruhe zeigen.
Bleibt gesund und sportlich,
euer Tim